Ernst Theodor Amadeus Hoffmann (1776–1822) ist heute hauptsächlich als Schriftsteller bekannt, obwohl seine größte Leidenschaft der Musik galt. Eine Station in seinem bewegten Leben war die sächsische Residenzstadt. 1813 übernahm Hoffmann die musikalische Leitung der Joseph Secondaschen Gesellschaft auf dem Linckeschen Bad. Da Seconda mit seiner Gesellschaft bereits nach Leipzig geflohen war, fuhr Hoffman am 20. Mai nach Leipzig weiter; die Fahrt verlief turbulent – bei einem schweren Kutschenunfall bei Meißen verletzte sich seine Frau und die Reise musste kurz unterbrochen werden.
Am 23. Mai trat Hoffmann endlich motiviert seinen Dienst in Leipzig an. Doch Joseph Seconda sah keine Möglichkeit, seine Gesellschaft weiter zu ernähren; durch den Krieg war das Auftreten in Dresden im Linckeschen Bad unmöglich geworden. Eine überraschende Wende brachte die Erlaubnis für ein Gastspiel auf dem Kleinen Kurfürstlichen Theater (Morettischen Theater). Hoffmann dirigierte fortan im Kleinen Kurfürstlichen Theater. Er bezog mit seiner Frau eine kleine Wohnung bei einem Gärtner vor dem Schwarzen Tor und wohnte so an der Allee, die direkt zum Linckeschen Bad führte. Er verkehrte mit Musikern und Schauspielern, wie beispielsweise dem Dichter Johann Friedrich Kind (1768–1843), der das Libretto zur Oper »Der Freischütz« schuf. Am 22. August zog Hoffmann wegen der weiterhin drohenden militärischen Gefahr in die sichere Innenstadt auf die Moritzstraße. Dort erlebte er unmittelbar die Schlacht am 26. und 27. August mit, die Napoleon noch für sich entscheiden konnte. Trotz der Kämpfe lief der Theaterbetrieb weiter und Hoffmann dirigierte vor vollbesetztem Haus Mozarts »Zauberflöte«. Das Kriegsgeschehen wirkte sich unmittelbar auf Hoffmanns Schaffen aus; das ständige Elend, das ihn umgab, Krankheit und Hunger waren prägende Eindrücke. Vielleicht gerade deshalb flüchtete er sich in sein künstlerisches Schaffen und war ungemein produktiv. Neben den Schriften, die sich unmittelbar mit den Kriegsgeschehnissen befassen (zum Beispiel das Werk »Vision auf dem Schlachtfelde bei Dresden«), schrieb er die Novelle »Der goldne Topf« und sein »Märchen aus der neuen Zeit«.
In Dresden entstand auch Hoffmanns wichtigstes Bühnenwerk: die romantische Oper »Undine«. Der Text zu der Märchenoper, die sich mit der unglücklichen Liebe einer Meerjungfrau zu einem Menschen befasst und auch von Albert Lortzing (1801–1851) vertont wurde, stammte von Friedrich de la Motte Fouqué (1777–1843). Fouqué zählte 1816 zu dem Künstlerkreis um Carl Borromäus von Miltitz auf Schloss Scharfenberg.
Am 10. Dezember reiste Hoffmann mit Seconda wieder nach Leipzig, um dort in den Wintermonaten zu spielen. Die Zusammenarbeit gestaltete sich mit Seconda zunehmend schwierig – Hoffmann klagte über fehlendes Mitspracherecht bei künstlerischen Entscheidungen. Als Seconda ihn dann vor dem Ensemble beschimpfte und demütigte, kam es zum Eklat und letztendlich auch zum Bruch zwischen den beiden. So verlor Hoffmann seine Stelle als Kapellmeister bereits nach wenigen Monaten und lebte nun plötzlich wieder in ärmsten Verhältnissen. Er versuchte sich als Gelegenheitsdichter und Karikaturist, bis er am 1. Oktober 1814 widerwillig in den preußischen Staatsdienst nach Berlin zurückkehrte. Das Dresdner Engagement war sein letzter Versuch gewesen, als Künstler zu arbeiten und zu leben.
Quelle: Petrick, Romy: Das musikalische Dresden, Dresden 2012